Die leitenden Grundsätze einer Apologetik


Probleme ergeben sich erst, wenn die Grundregeln einer apologetischen Methode den Grundsätzen der Offenbarung Gottes entgegenstehen. Die Probleme sind unausweichlich und die gleichen, wie sie jeder christlichen Unternehmung anhaften, die von reiner Nützlichkeit bestimmt wird: Sie dient an erster Stelle nicht zur Ehre Gottes, beruht auf menschlicher und nicht göttlicher Weisheit, ist darum auf Sand gebaut und untauglich. Ohne die Kraft des Geistes vermag sie nichts zu den Ziel Gottes beizutragen. Sie ist im Grunde Torheit und entpuppt sich letzten Endes als schädlich für das Reich Gottes. Die Torheit und der damit verbundene Schaden tritt besonders ans Licht, wenn man sich bewusst macht, worin die übliche Herangehensweise eigentlich besteht. Sie will sich mit dem Nicht-Christen auf einem vermeintlich gemeinsamen und neutralen Boden treffen, den es gemäß der Schrift nicht gibt und nicht geben kann, um von dort zur Autorität der Schrift hin zu argumentieren. Das bedeutet im Prinzip nichts anderes, als die Autorität der Hl. Schrift zu verteidigen, indem man die Autorität der Schrift aufgibt: „Wer nicht mit mir ist, ist gegen mich, und wer nicht mit mir sammelt, zerstreut.“ (Mt. 12,30).

 

Ein „neutraler“ Bereich ist bei näherer Betrachtung nichts anderes als ein säkularer Bereich. Die Aufforderung, christliche Überzeugungen auf die Seite zu legen, beinhaltet zugleich, nicht-christliche Überzeugungen zu akzeptieren. Der Herr Jesus lehrte ganz deutlich, dass Neutralität ihm gegenüber keine Option für Christen ist: „Kein Haussklave kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird dem einen anhängen und den anderen verachten.“ (Lk. 16,13a). Wenn ein Christ nun doch eine vermeintlich neutrale Postion akzeptiert, dann legt er dadurch gleichzeitig eine christliche Überzeugung ab. (Dabei sehen wir erst einmal ganz davon ab, dass es sich um offenen Ungehorsam handelt.) Er geht sogar davon aus, dass die Behauptung des Herrn Jesus falsch ist und er und sein Opponent sehr wohl neutral sein können. Selbstverständlich ist weder der Christ noch der Nicht-Christ neutral, sobald er sagt, dass der Herr Jesus falsch liegt. Das allein zeigt die logische Unmöglichkeit der Neutralität gegenüber dem Christus. 

 

Tatsächlich gesteht der vermeintlich neutrale Christ dem Nicht-Christen sogar bestimmte Dinge zu, auf die sich gemäß der Bibel ohne Gottesbezug niemand berufen kann. Zu diesen Dingen zählen ganz besonders Wahrheit (Joh 14,6; 17,17) und Wissen (Spr 1,7; Kol 2,3). Der Christ, der versucht eine neutrale Grundlage mit einem Opponenten zu finden, leugnet die Herrschaft und den Absolutheitsanspruch Christi über jeden Bereich, insbesondere über den des Wissens und Verstehens (Erkenntnistheorie). Er stellt sich dadurch in direkten Widerspruch zur biblischen Selbstoffenbarung Gottes und gibt damit unausgesprochen zu, dass wahres Wissen ohne Gottesbezug möglich ist. 

 

Wie sollen derartige nicht-christliche Grundsätze im Rahmen christlicher Denkweise und Apologetik echte und bleibende Frucht bringen? Es gilt der Grundsatz, das geistliche Ziele von geistlichen Menschen durch geistliche Mittel erreicht werden. Seit der Frühzeit des Christentums bis heute wird die christliche Apologetik in der Regel methodisch von übernommenen nicht-christlich Grundsätzen geleitet.

 

Es muss an dieser Stelle auch klar gesagt werden, dass die Arbeit und Mühe der frühen klassischen Apologeten bis hin zu den christlichen Denkern der heutigen Zeit von großem Wert und äußerst erbaulich ist.(1) Ihre Werke sind erleuchtend, stärken den Glauben und sind eine wahre Fundgrube und ein Schatz bei der Evangelisation. Das steht ganz außer Frage. Vieles kann auch in apologetischen Situationen fruchtbar angewandt werden, lässt man sich nur von biblischen Grundsätzen leiten: Die frühen Apologeten übernahmen den Platonismus, die Scholastiker den Aristotelismus, die Menschen während der Aufklärung den Rationalismus und Empirismus und moderne Denker den Kantianismus und Existenzialismus.(2) 



  1. Es ist auch keinesfalls gesagt, dass Gott in seiner Gnade das nicht gebraucht hätte, um Menschen zu seinem Sohn zu ziehen. Er kann auch „auf krummen Zeilen gerade schreiben“. 
  2. Vgl. Bahnsen, L. Greg: Presuppositional Apologetics: Stated and Defended, S. 6.